Redebeitrag von Kreisrat Kammergruber (FDP) in der Haushaltsdiskussion am 22.02.2021
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Sehr geehrter Herr Landrat, werte Kolleginnen und Kollegen im Kreistag,
wir sehen dieses Jahr einen schwierigen Haushalt, erstellt in einer sehr unsicheren Situation, mit unklarem Ausblick.
Es gibt durchaus positive Signale im Haushalt!
- Ein Signal für weiterhin hohe Bedeutung, die wir der Bildung, der Zukunft beimessen, das sind die investiven Ausgaben im Vermögenshaushalt, u.a. für:
- Pestalozzischule, König-Karlmann Turnhalle, Berufliche Oberschule, neue BOS in AÖ, Ku-Max Fertigstellung, Campus Burghausen
- die hohe Ersatzbeschaffung für die Berufsschule (auch, wenn noch keine Sanierung kommt); die Berufsschule leidet teilweise unter sehr alten Geräten für die Schulungen, die Arbeit, das Lernen am Gerät wird ersetzt durch Verweis auf entsprechende YouTube-Videos, das sollte besser werden.
- Ein Signal zur Digitalisierung:
- An allen Schulen erfolgen hohe Ausgaben für die Digitalisierung, vor allem in Geräte, etc. Corona hat hier den Digitalisierungsturbo ermöglicht, auf den Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung bei den Schulen und Ämtern wird ja schon seit Jahren hingewiesen. ABER: Ipads der Lehrkräfte dürfen nicht nach Hause mitgenommen werden? Ist das noch so? Wie passt das zusammen? Die Regierung fordert maximales Home-Office, aber die Lehrer dürfen ihr Unterrichtswerkzeug nicht nach Hause mitnehmen?
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- Es werden 3 neue Stellen im Landratsamt für die IT-Betreuung geschaffen, das war überfällig! Es ist gut, dass Corona dies ermöglicht und angeschoben hat, hingewiesen auf diese Notwendigkeit wurde schon öfter, nicht erst durch den Hinweis von Herrn Angstl im Kreisausschuss. Der Bedarf dafür ist groß. Es geht um die Digitalisierung der Abläufe im Amt (u.a. Voraussetzung für Homeoffice auch im Amt), es geht um E-Government, um besseren und effizienteren Kundenkontakt und ein moderneres Bild nach aussen.
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- Ärgerlich ist nur, dass es vom Freistaat dafür kein Geld für Stellen gibt, trotz aller Sprüche zum hohen Stellenwert der Digitalisierung. So muss leider wieder jedes Landratsamt selbst was erfinden.
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- Nach dem Digitalisierungsturbo brauchen wir auch noch einen Verwaltungsturbo
- Ein Signal für die Zukunft ist auch die Eigenkapitalstärkung der Kliniken i.H.v. 5 Mio €
- Ein Signal für den Zusammenhalt stellen die weiterhin hohen freiwilligen Leistungen dar:
- Für viele Vereine, für gesellschaftliches Engagement, etc.
- Sogar ein Radlweg für 2 Mio € ist da noch möglich!
- Es wird also bei weitem nicht nur das Nötigste bereitgestellt
Finanzielle Bewertung
- Nach Einstellung des Sollüberschusses am Jahresende haben wir immerhin 7 Mio in den Rücklagen. Die werden wir die nächsten Jahre brauchen und sollten diese nicht bereits jetzt reduzieren für eine Senkung der Kreisumlage
- Leider nur eine geringe Zuführung vom Verwaltungshaushalt an den Vermögenshaushalt (in den Städten ist diese durchwegs höher!)
- Die Verschuldung steigt stark an.
Damit sind wir schon bei den negativen Aspekte im Haushalt
- Stark steigende Verschuldung. Haben wir jetzt schon in 2020 die Ist-Verschuldung erhöht von 23 auf 30 Mio wird diese in 2021 weiter steigen auf 52 Mio €, wenn alles wie geplant abgewickelt wird. Das ist schon enorm und stellt einen vorläufigen Höhepunkt der letzten 25 Jahre dar! Das macht Sorgen, weil das am Ende ja auch wieder die Kommunen abzahlen müssen, irgendwann, auch, wenn aktuell die Zinsen (noch) niedrig sind.
- Berufsschule: hier ist noch nichts eingeplant, obwohl Handlungsbedarf besteht. Im weiteren Verlauf sollte angestrebt werden, dass sofort nach dem Auszug der FOS/BOS mit der Sanierung der Berufsschule begonnen, bzw. umgezogen werden kann und nicht erst wieder Zeit für eine lange Planungsphase verlorengeht.
- Klinik,
- Über die Kliniken wurde im Vorfeld der Haushaltsberatungen kaum diskutiert. Aber: nochmal 7,6 Mio Euro Verlustausgleich für 2020! Und schlimmer noch: auch für die nächsten Jahre sind noch jeweils 6,5 Mio vorgesehen!!!
- Ja, Ziel der Fusion ist v.a. die Steigerung der Qualität, Verbesserung der Versorgung, ja, aber immer auch die Reduzierung des Defizits. Keiner sagt, dass wir hier schwarze Zahlen schreiben müssen, aber es muss weniger werden, wie ist das gewährleistet? Wie ist Ausblick?
- Die Fusion ist ein richtiger Schritt gewesen, aber
- Wie wird verfolgt, ob der wirtschaftliche Weg in die richtige Richtung geht? Welche Roadmap gibt es? Welche Maßnahmen zur Defizitreduzierung werden ergriffen, wann sollen die greifen, was soll die Maßnahme an Kostenreduzierung bringen? Es ist sicherlich Thema vom Verwaltungsrat, ja, hoffentlich. Aber sollte nicht auch der Kreistag die wesentlichen Pläne kennen? Das Vertrauen ist nicht mehr so hoch!
- Vorschlag: in einer Kreistagssitzung mal tiefer darauf eingehen.
- Gerne hätte ich heute die Fragen an den Staatssekretär Mayer (der leider nicht hier sein kann) gestellt, wie es bundespolitisch damit weitergeht, mit der Krankenhausfinanzierung, mit Kompensationszahlungen für Corona?
Zur Kreisumlage
- Ich bin ja kein Bürgermeister, daher bitte ich um Verständnis, dass für mich selbst das Thema des Kreisumlagensatzes nicht so wichtig ist, ich diskutiere lieber inhaltlich, was mit dem Geld vorgesehen ist.
- Zentral für mich sind die Aussagen derjenigen, die für noch weniger plädiert haben: die Petenten haben selbst bestätigt, dass es möglich wäre, dass es nicht von zentraler Bedeutung ist, ob es nun 53% oder 51% sind.
- Aber die Folge von 53%, der Erhöhung um 2%, ist doch nicht, dass das Geld verschwendet wird, es verbleibt doch in den Rücklagen.
- Und der Kreis hat künftig genügend Aufgaben, für die er die Rücklagen braucht.
- Ich war immer schon ein Kritiker, dass sich der Landrat zu warm anzieht, aber in diesem Jahr sehe ich das als notwendig an, auch angesichts der Unsicherheiten im Haushalt
- Wir stimmen daher auch explizit dem vorgeschlagenen Kreisumlagensatz von 53% zu. Nach dem Vorschlag der Fraktion der Freien Wähler, wie auch mit 52% umgegangen werden könnte, würden wir aber auch gerne diesen neuen Vorschlag mitgehen.
- Zumal die Argumentation der Städte nach einem noch niedrigeren Satz nicht begründet ist: Wem fehlt das Geld mehr? Dem Kreis oder den Städten? Die meisten haben noch relativ gute Vermögenshaushalte, haben eine gute Zuführung vom VV-Haushalt, die Verschuldung ist gering (Ausnahme AÖ und Burgkirchen). Wie ist die Bewertung der Verwaltung? „Aktuell erscheint die finanzielle Lage der Städte und Gemeinden im Landkreis Altötting insgesamt geordnet. Anhaltspunkte dafür, dass die vorgeschlagene Kreisumlage in die finanzielle Mindestausstattung der gemeindlichen Ebene eingreifen könnte, sind nicht ersichtlich“.
- Für meinen Teil ist das Fazit: der Landkreis braucht es dringender, er hat ja auch keine eigenen Einnahmen und ist bereits sehr stark verschuldet. Das sage ich auch als Burghauser, weil wir mit der unerwartet hohen Gewerbesteuerkompensationszahlung im letzten Jahr sehr gut bedient wurden.
Abschließende Bewertung
- Der Haushalt setzt Signale für Bildung, Digitalisierung, Zukunft und freiwillige Leistungen.
Danke für Aufbereitung an die Verwaltung, insbesondere an Herrn Neubeck. Auch hier machen wir gute Fortschritte bei der Visualisierung der Ergebnisse; es werden immer mehr Zeitreihen gezeigt, das brauchen wir, Vergleiche, Benchmarks mit anderen Landkreisen, nur so kann man die Zahlen und deren Bedeutung einordnen.
Die Ausschussgemeinschaft stimmt dem heute vorgelegten Haushalt zu, mit 52% als Umlage.
Vielen Dank.